Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition) by Friedman Celia

Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition) by Friedman Celia

Autor:Friedman, Celia [Friedman, Celia]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492959094
Herausgeber: Piper (com)
veröffentlicht: 2012-12-09T23:00:00+00:00


Kapitel 19

Aethanus war mit der Entzifferung einer bursanischen Handschrift beschäftigt, als jemand an seine Tür klopfte. Zuerst nahm er es gar nicht wahr. Es dämmerte bereits, und die verblichenen Lettern auf dem abgegriffenen Pergament waren so schwer zu erkennen, dass er seine gesamte Konzentration dafür aufwenden musste. Selbstredend hätte er die Schrift mit seinen Zauberkräften auffrischen und das Dokument mithilfe der in den uralten Fragmenten enthaltenen Erinnerungen in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzen können. Aber was hätte die Arbeit dann noch für einen Reiz gehabt? So kam es, dass er das erste Klopfen überhörte. Erst als es energischer wiederholt wurde, begriff er, dass es ihm galt und nicht von einem hungrigen Specht draußen im Wald stammte.

Er legte das Blatt vorsichtig beiseite, streifte sich ein paar Staubflusen von seiner wollenen Robe und ging zur Tür. Wer in aller Welt störte ihn wohl zu dieser Stunde? Und überhaupt? Er glaubte nicht, dass mit Ausnahme einer einzigen Person jemand wusste, wo er wohnte, und diese Person würde sich doch sicherlich hüten, hier aufzukreuzen. Das Magistergesetz nahm man nicht auf die leichte Schulter.

Doch als er die Tür öffnete, stand sie tatsächlich da. Die untergehende Sonne umgab ihr rotes Haar mit einem feurigen Nimbus, sodass sie aussah wie ein Engel. Oder ein Dämon.

Oder beides, dachte er.

»Du hast dich meinem Gewahrsam durch Flucht entzogen«, ermahnte er sie. Er war ihr nicht gerade böse, aber im Umgang mit dem Mörder eines Magisters waren gewisse Regeln zu beachten. »Ich hatte die Pflicht, dich für dein Verbrechen der gerechten Strafe zuzuführen. Da ich das versäumt habe, bin ich in den Augen aller Zauberer entehrt. Und nun kommst du zurück? Wozu? Willst du mich noch weiter bloßstellen? Was sollte mich veranlassen, dich in meinem Heim willkommen zu heißen?«

»Euer Wunsch, die wahre Geschichte der Magister zu erfahren«, antwortete sie. In den grünen Augen brannte ein stiller Trotz, der ihm schmerzlich vertraut war. »Den Namen der geheimen Finsternis, die in unserem Blut lauert. Den Grund, warum wir in dem kommenden Krieg eine Rolle spielen müssen, wenn wir nicht zusehen wollen, wie die ganze Welt in Flammen aufgeht. Und wie wir uns in diesem Krieg zu verhalten haben, um erfolgreich zu sein.«

Eine ganze Weile starrte er sie stumm an. Verarbeitete ihre Worte wie eine unbekannte, exotische Speise. Endlich entschied er, lange genug geschwiegen zu haben, um dem Anstand Genüge zu tun … oder zumindest sein eigenes Gewissen zu beruhigen.

»Überzeugt«, sagte er endlich und nickte barsch. Dann trat er beiseite und gab die Tür frei. »Komm herein.«

Als Kamala ihren Bericht beendet hatte, war es Nacht geworden, doch Aethanus hatte die Lampen noch nicht angezündet. Die Dunkelheit leckte an der Flamme der einzigen Kerze, die zwischen ihnen auf dem Tisch stand, als wollte sie ihr Licht verschlingen.

Als sie endlich fertig war, schwieg Aethanus lange. Die Kerze flackerte, der Docht drohte im eigenen Wachs zu ertrinken.

»Das alles hat dir Colivar erzählt?«, fragte er schließlich.

»Er hat es Ramirus, Fadir und Sula erzählt. Und mich eingeladen, dabei zuzuhören.«

»Wussten die anderen, dass du da warst?«

»Nein.« Vorsichtig neigte sie die Kerze und ließ das überschüssige Wachs abfließen.



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